Foto: Uwe Gille CCL

Kaninchen-Nachwuchs

Wichtig: Diese Seite dient der Information von Kaninchenhaltern über den Ablauf der Vermehrung von Kaninchen. Sie kann bei Unfallwürfen helfen, die Jungen groß zu ziehen oder Züchtern noch den ein oder anderen Tipp zur Zucht geben. Sie soll nicht dazu anleiten, Kaninchen zu vermehren, denn ohne sich auszukennen, produziert man oftmals Krankheiten und Erbfehler. Dies ist nicht zu verantworten!

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Geschlechtsreife

Die Geschlechtsreife tritt beim männlichen Kaninchen mit drei bis vier Monaten bei kleinen Rassen, sieben Monaten bei mittleren und etwa 9-12 Monaten bei den großen Rassen ein.
Bei den Weibchen ist es etwas schwieriger, die im Herbst geborenen Weibchen sollen mit gut 5 Monaten geschlechtsreif werden, die Frühjahrs-Weibchen mit 8,5 Monaten.
Das Aufreiten des Rammlers ist kein Anzeichen für die Geschlechtsreife, denn es tritt meist schon vor der Geschlechtsreife auf. Zum einen als Rangordnungsverhalten, zum anderen auch “zur Übung”, dann kann es jedoch noch nicht zu einer Befruchtung kommen.
Ab der 12. Lebenswoche sollten Kaninchen nach Geschlechtern getrennt werden, um eine Befruchtung zu verhindern. Oder aber, die männlichen Babys werden vor  der 12. Woche frühkastriert und bleiben in der Gruppe. 

Zuchtreife

Mit Eintritt der Geschlechtsreife sind Kaninchen noch nicht zur Zucht geeignet, sondern selber noch Jungtiere, die sich im Wachstum befinden und alle Nährstoffe in die gesunde Entwicklung des eigenen Körpers investieren. Eine zu frühe Trächtigkeit beeinträchtigt die Entwicklung des Muttertieres und führt auch ausgesprochen oft zu Geburtskomplikationen, einer Vernachlässigung der Nachzuchten oder auch dem Tod der Mutter. Dieses Risiko für Mutter und Babys sollte keinesfalls eingegangen werden.
Die Zuchtreife beim Weibchen setzt ein, wenn es nahezu ausgewachsen ist, je nach Rasse und individueller Entwicklung ist dies mit etwa 8-12 Monaten der Fall. Der Rammler ist bereits mit etwa sechs Monaten zur Zucht geeignet.
Bereits ausgewachsene Kaninchen sollten nicht älter als 1,5 bis zwei Jahre sein, wenn sie ihren ersten Wurf aufziehen. Danach steigt die Komplikationsrate wieder erheblich an, da anatomisch eine Geburt nicht mehr so einfach wie bei jungen Kaninchen möglich ist. Mit etwa vier bis fünf Jahren sollten Kaninchenweibchen aus der Zucht genommen werden, da dann ebenfalls die Kolplikationsrate ansteigt.

Achtung, zwei Zwergkaninchen, die beide das Zwrrgengen tragen, dürfen nicht verpaart werden, da 25% der Jungtiere aus solchen Verpaarungen nicht lebensfähig sind.

Zur Zucht geeignete Kaninchen

Grundsätzlich werden nur Kaninchen verpaart, die absolut gesund und nicht anfällig für Erkrankungen sind. Die Kaninchen sollten bisher eine robuste Verdauung gehabt haben und von keinerlei Erberkrankung betroffen sein. Gleiches gilt für die Eltern der Zuchtkaninchen. Vor einer Verpaarung sind versteckte Erkrankungen, die sich an die Nachkommen übertragen können, durch eine Kot- (Parasiten?) und Blutprobe (E. Cuniculi?) auszuschließen. Achten Sie außerdem auf die Sozialverträglichkeit und Charakter-Eigenschaften und nehmen Sie schlecht verträgliche, aggressive und sehr scheue Kaninchen aus der Zucht.

Grundsätzlich aus der Zucht genommen werden:

  • Kaninchen unbekannter Abstammung (die Zuchtkaninchen bzw. deren Eltern haben keinen Stammbaum)
  • Kaninchen in deren Familie Erbkrankheiten aufgetreten sind werden aus der Zucht genommen bzw. wenn rezessiv auftretende Erbfehler bewusst mitgezüchtet werden (z.B. Letalfaktor bei Zwergkaninchen, Megacolon bei Punktschecken oder Maxfaktor bei Löwenköpfchen), dann darf nur eines der Elterntiere diese Krankheit tragen und Jungtiere,die daraus hervor gehen, dürfen nur an Züchter weiter gegeben werden, die wiederum ebenfalls so kreuzen, dass nur ein Elterntier die Krankheit trägt.
  • Kaninchen mit Zahnerkrankungen (Fehlstellung, Zahnspitzen…) sind aus der Zucht zu nehmen. Gleiches gilt für Kaninchen, die von solchen abstammen.
  • Kaninchen die krankheitsanfällig sind oder zu Parasiten (Darmparasiten oder Hautparasiten) neigen, dürfen nicht zur Zucht eingesetzt werden.
  • Von Hand aufgezogene Jungtiere werden später nicht zur Zucht eingesetzt.
  • Kaninchen, die bereits Probleme bei vorherigen Würfen hatten (Verwerfen, Frühgeburt, nicht Annehmen der Babys, gestörtes Welpenpflegeverhalten, Komplikationen bei der Geburt…).
  • Kaninchen die miteinander verwandt sind (Inzucht), dürfen von Laien oder unerfahrenen Züchtern nicht verpaart werden. Die Linienzucht ist nur für geübte Züchter geeignet.
  • Kaninchen die Kokzidien oder andere Darmparasiten tragen (wird an die Babys übertragen – Kotprobe untersuchen lassen!).
  • Mit Kaninchenschnupfen infiziert (wird an die Babys übertragen – hat das Kaninchen oder ein anderes Kaninchen aus der Familie genießt oder hatte schon einmal Nasenausfluss?) sind.
  • Kaninchen die E. Cuniculi tragen (wird an die Babys übertragen – gab es Uveitis, Nierenversagen oder neurologische Erscheinungen wie z.B. Lähmungen oder Schiefhals beim Zuchtkaninchen oder einem anderen aus der Familie? – durch einen Bluttest sollten alle Zuchtkaninchen vor ihrem Einsatz getestet werden).
  • Rassetypische Erkrankungen (z.B. HD bei Deutschen Riesen) sollten bei der Zucht besonders gut beachtet und ausgeschlossen werden.
  • Kaninchenrassen, die als Qualzucht eingestuft werden, dürfen nicht vermehrt werden.

Zucht-Abstände

Ideal ist ein Abstand von etwa einem halben bis 1,5 Jahren zwischen den Würfen. Häufiger als zweimal im Jahr sollte ein Weibchen nicht gedeckt werden, da die Trächtigkeit und Säugeperiode das Kaninchen körperlich auslaugt. Es muss dazwischen genug Regenerationszeit erhalten, um sich körperlich zu erholen. Sind die Abstände größer als 1,5 Jahre, so steigt die Komplikationsrate an, was ebenfalls nicht sinnvoll ist.

Fruchtbarkeit

Nicht umsonst gibt es das Sprichwort “die vermehren sich wie die Kanickel”, das Kaninchen schon mit einer hohen Fruchtbarkeit in Zusammenhang bringt.
Anders als bei vielen anderen Säugetieren, wird beim Kaninchen der Eisprung erst durch den Deckakt ausgelöst, d.h. die Eier reifen im Körper heran und stehen dann etwa 1-2 Wochen zur Verfügung. Daher sind Kaninchen die meiste Zeit fruchtbar und nur während die Eier heranreifen für etwa ein bis zwei Tage nicht für den Deckakt bereit.
Der Eisprung wird jedoch auch durch das Berammeln durch eine andere Häsin oder einen kastrierten Rammler ausgelöst, so dass es zum Eisprung kommen kann. Diesem erfolglosen Vorgang folgt oft eine Scheinträchtigkeit.

Die Hitzigkeit

Bei einer großzügigen Haltung haben die Häsinnen die Möglichkeit, dem Rammler auszuweichen und sich so dem Deckakt zu entziehen. Dies ist bei der oft praktizierten Deckung in einer engen Kaninchenbucht nicht möglich. Normalerweise vollziehen Kaninchen ein ausgeprägtes Paarungsspiel, bevor die Häsin den Rammler aufsitzen lässt. Daher kommt eine Boxen-Paarung einer Vergewaltigung der Häsin nahe. Ist die Häsin jedoch extrem hitzig, wird das Paarungsspiel oft abgekürzt oder weg gelassen und der Rammler darf recht schnell aufreiten. Die Hitze der Häsin ist an ihrem unruhigen Verhalten und den gut durchbluteten Geschlechtsteilen ersichtlich. Die Abstände der Hitzigkeit variieren sehr stark von Kaninchen zu Kaninchen und lassen sich daher nicht verallgemeinern.

Rammeln ist meist Rangordnungsverhalten. Bei einer echten Paarung fällt der Rammler anschließend vom Weibchen ab und landet auf dem Rücken.

Paarung

Zur Paarung werden die Kaninchen außerhalb des Revieres in ein separates Gehege gesetzt (vergesellschaftet), sollte dies nicht möglich sein, so ist es vorzuziehen, das Weibchen zum Rammler zu setzen. Anhand des Verhaltens und der Verfärbung der Geschlechtsorgane wählt man am besten den Zeitpunkt so, dass die Häsin hitzig ist. Dadurch wird auch weitestgehend die Vergesellschaftung umgangen. Sie verbleibt dann etwa fünf bis sechs Tage beim Rammler. In dieser Zeit kommt es zum Deckakt. Beim Deckakt reitet der Rammler nach einem längeren Paarungs-Spiel, das mit Sprüngen, Jagereien und gemeinsamen Äsen einhergeht, auf und fällt etwa 10-15 Sekunden später von der Häsin ab, so dass er auf dem Rücken liegt.

Superfötation – Doppelträchtigkeit

Kaninchen verfügen über einen Uterus duplex, d. h. sie haben zwei voneinander unabhängige Gebärmutterhörner mit jeweils eigener Zervix, beide können unabhängig von einander Früchte austragen. Daher ist es möglich, dass ein Kaninchen während der Trächtigkeit erneut trächtig wird und so zwei unterschiedlich alte Würfe mit etwa 14 Tagen Abstand zur Welt bringt. Oft zieht dies jedoch eine schlechte Entwicklung der Föten, Fehlgeburten oder den Tod vieler Jungtiere nach sich. Beim Kaninchen kommt es nur recht selten zu einer Doppelträchtigkeit.

Trächtig/”Schwanger”?

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Für den Laien ist es schwierig zu erkennen, ob ein Kaninchen trächtig ist. Erfahrene Züchter oder Tierärzte können eine Trächtigkeit nach frühestens zwei Wochen ertasten, in dieser Entwicklungsphase ist derrunde Bauch im hinteren Bereich sehr auffällig und gut zu ertasten. Eine Ultraschall-Untersuchung kann ebenfalls eine Trächtigkeit anzeigen oder ausschließen. Diese ist jedoch oft mit zu viel Stress für die werdende Mutter verbunden. Trächtige Kaninchen verändern ihr Verhalten deutlich, allerdings ist dies ebenfalls bei der Scheinträchtigkeit der Fall und diese wird durch den Deckakt ausgelöst (dann verhält sich das Weibchen bereits ca. 14 Tage nach dem Deckakt als wenn es trächtig wäre). Erst in der letzten Schwangerschaftswoche ist oft am Bauchumfang der Nachwuchs ersichtlich, allerdings nur, wenn es viele Jungtiere werden, ansonsten kann auch in der letzten Woche die Trächtigkeit nicht festgestellt werden. Erfahrende Züchter können teils sogar die ungefähre Anzahl der Jungtiere ertasten.

Resorption – Zurückbildung der Früchte

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Kaninchen verfügen über die Möglichkeit, Föten zu resorbieren, also absterben und vom Körper abbauen zu lassen. Auch nach einer erfolgreichen Befruchtung können so Trächtigkeiten beendet oder die Anzahl der Föten reduziert werden. Es wird vermutet, dass die Resorption durch Stress ausgelöst bzw. begünstigt wird. Bis zur dritten Schwangerschaftswoche ist eine Resorption der Föten möglich.

Trächtigkeit & Geburtsvorbereitungen

Die Trächtigkeit dauert etwa 31 Tage (29-33 Tage), kurz vor der Geburt beginnt das Kaninchen diese vorzubereiten. In der Natur baut es eine Wurfhöhle, daher sollte in Außengehegen darauf geachtet werden, dass die Mutter nicht tief buddeln kann, damit nach der Geburt eine Kontrolle der Neugeborenen möglich ist. Die Mutter benötigt ein großes Häuschen, welches sie mit Heu, ausgerupften Fell und anderen Nistmaterial auspolstert. Es sollte nach Möglichkeit so beschaffen sein, dass die Jungtiere geschützt im Häuschen bleiben, idealerweise verwendet man eine Wurfbox. Ein offenes Nest wird weniger gerne angenommen und die Jungtiere können an den Zitzen aus dem Nest gezogen unterkühlen und versterben. Natürlich sollte ausreichend Heu & anderes Material angeboten werden.

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Um ihren hohen Energiebedarf während der Trächtigkeit zu erfüllen, benötigt die werdende Mutter ausreichend energiereiches Futter (so viel Frischfutter wie sie möchte, zusätzlich Saaten und Haferflocken…). Damit sie den Nährstoffbedarf decken kann, sollte das Futter sehr ausgewogen gereicht werden (abwechslungsreich, Frischfutter als Hauptfutter, viel Grünfutter, ergänzend Saaten, Trockenkräuter, Heu und Wasser). Viel Frischfutter, Löwenzahn, Steckrüben und Fenchel können die Milchproduktion steigern und die Milchbildung anregen. Reine Früchtesäfte und reine Kräutertees dürfen zusätzlich zum Wasser in einer Schale angeboten werden um die Milchmenge zu steigern.

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In einer harmonischen Gruppe mit viel Platz (großes Gehege, min. 6m²) kann die werdende Mutter integriert bleiben und muss nicht getrennt werden, sofern man die Gruppendynamik im Auge hat. Bei einer spannungsreichen, kritischen Gruppe oder aber von potenten Rammlern muss sie unbedingt getrennt werden. Das Muttertier kann schon wenige Stunden nach der Geburt vom Rammler neu gedeckt werden! Die anderen Gruppenmitglieder kümmern sich meist rührend mit um den Nachwuchs. Das Aufwachsen in der Gruppe ist für die Mütter stressfreier, da die Babys auch von den anderen Gruppenmitgliedern versorgt werden. Zudem lernen die Babys sehr gut Sozialverhalten – die besten Voraussetzung für sehr gut verträgliche, soziale Kaninchen. Auch separierte Kaninchenmütter brauchen ein großes Gehege, damit sie stressfrei die Kaninchenbabys großziehen können, ein Käfig ist nicht geeignet. Wenn die Mutter sich nicht vom Nest fern halten kann (dies ist instinktiv bei ihr verankert um Fressfeinde nicht anzulocken), wird sie unter großen Stress gesetzt.
Auf jeden Fall sollte Stress jeder Art während der Trächtigkeit vermieden werden.

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Geburt

Nach 29-33 Tagen Schwangerschaft (in der Regel nach 31 Tagen) bringt die Mutter bis zu vierzehn Jungen zur Welt. Meist werden fünf bis sechs Jungtiere geworfen, auch drei bis zehn Junge sind sehr häufig. Die Geburt findet meist während der Hauptaktivitätsphasen statt, also in den frühen Morgenstunden (ab vier Uhr morgens) und in den späten Abendstunden.
Die Mutter befreit die Kaninchen von der Eihaut, die das Junge umgibt und frisst diese auf. Auch die Nabelschnur und die Nachgeburt wird gefressen. Außerdem wird der Nachwuchs kräftig beleckt. Das Lecken der Jungen belebt den Kreislauf nach der Geburt und säubert sie von Eihautresten und Blut. Die Kaninchenjungen nehmen dabei den Geruch der Mutter an und die Bindung zum Nachwuchs wird gestärkt.
Die Jungtiere sind Nesthocker und kommen nackt, taub und blind zur Welt. Das erste mal gesäugt (Kolostralmilch) werden sie direkt nach der Geburt oder auch erst nach einem Tag.

Im Unterschied zu anderen Säugetieren, kommen Kaninchen und Meerschweinchen mit recht guten Fettreserven auf die Welt und sind daher selbst bei nicht optimaler Milchleistung recht gut versorgt. Die Plazentaschranke ist bei ihnen durchlässig (Placenta haemochorialis bzw. haemodichorialis), so dass das Immunsystem bereits im Mutterleib ausgebildet wird, dadurch sind sie nicht so sehr auf Kolostrum angewiesen, wie andere Tierarten.

Nestkontrolle

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Im Hintergrund ist das gut ausgepolsterte Kaninchennest zu sehen.

Nach der Geburt, wenn die Mutter das Nest verlassen hat und abgelenkt wird, ist eine Nestkontrolle nötig. Totgeburten, liegen gelassene Nachgeburten und blutige Einstreu wird entfernt, so dass sie gesund heranwachsen können. Die Babys dürfen dabei angefasst werden, die Mutter nimmt sie trotzdem weiter an. Liegen die Jungen im Gehege verstreut oder wurde kein ausreichendes Nest gebaut, so müssen sie unbedingt in ein selbstgebautes, gut ausgepolstertes Nest gelegt werden, da sie sonst erfrieren. Nur durch die Nestwärme halten sie ihre Körpertemperatur aufrecht. In solch einen Fall kann auch eine Wärmflasche unter das Nest geschoben werden (nicht zu heiß, zweimal täglich wechseln und mit Tuch abdecken!).
Anschließend sollte das Nest einmal täglich kontrolliert werden um festzustellen, ob alle Jungen ausreichend mit Milch versorgt sind. Dabei muss die Mutter mit Auslauf oder Futter abgelenkt und der Weg zu den Babys für sie versperrt werden, so dass sie die Störung der Nestruhe nicht mitbekommt. Das Nest wird mit warmen, sauberen Händen, ruhig begutachtet. Die Bäuche sollten prall und nicht faltig sein, die Jungtiere sind warm und sauber geleckt. Sind die Babys sehr unruhig, verlassen suchend und wühlend das Nest und geben Laute von sich, obwohl die Mutter nicht auf dem Nest sitzt, so sind sie meist hungrig und werden schlecht versorgt. Größenunterschiede zwischen den Jungtieren sind normal. Ein tägliches Wiegen ist meistens nicht nötig und sehr stressig für die Jungtiere und ihre Mutter. Sollte man bei einem Jungtier jedoch unsicher sein, ob es ausreichend versorgt wird, so kann es ausnahmsweise zwei bis drei Tage hintereinander einmal täglich gewogen werden. Ebenso, wenn die Mutter schlecht Milch gibt oder unklar ist, ob sie die Jungen gut versorgt. So lässt sich feststellen, ob es das Gewicht hält, ab- oder zunimmt. Das Geburtsgewicht ist je nach Rasse und der Anzahl der Babys sehr unterschiedlich. Im Gewichtsverlauf geht es darum, dass die Babys mindestens einmal täglich, also innerhalb von 24 Std. zunehmen, so dass sicher ist, dass sie zumindest einmal täglich gesäugt werden. Zudem sollten sie spätestens nach einer Woche ihr Geburtsgewicht verdoppelt haben.
Wird ein oder mehrere Jungtiere nicht ausreichend versorgt bzw. nehmen ab, so kann man sie bei der Mutter an die Zitzen anlegen, indem man diese (ausnahmsweise) auf den Rücken legt und das Baby auf dem Bauch an eine Zitze anlegt.
Sollten die Babys nicht im Nest liegen, sondern verstreut vorgefunden werden, muss das Nest zwei bis dreimal täglich kontrolliert und die Babys zurück gelegt werden. Sind sie ausgekühlt, müssen sie aufgewärmt werden. Zu solchen Problemen kommt es meist, wenn das Nest nicht richtig geschaffen ist (nachrüsten) oder die Mutter gestresst ist. Häufig wird die Mutter auch durch häufige Nestkontrollen gestört. Lenken sie die Mutter ab und erledigen Sie die Kontrolle sehr schnell und unauffällig. Zudem nur so häufig wie unbedingt nötig.

Wichtig: Die Mutter säugt ihre Kaninchen meist nur einmal, seltener auch bis zu dreimal am Tag, meist in den späten Abend- und frühen Morgenstunden, daher ist sie fast nie und wenn überhaupt, dann auch nur kurz bei den Jungen zu beobachten. Dies ist völlig normal und nicht besorgniserregend.

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Die Babys merken die Unruhe im Nest, wenn die Mutter herbei hoppelt und finden die Zitzen der Mutter anhand des spezifischen Geruches. Das Muttertier hält sich ansonsten vom Nest fern um keine Fressfeinde auf die Jungen aufmerksam zu machen. Wenn die Mutter nicht die Möglichkeit hat, sich fern zu halten, da sie in einem kleinen Stall oder Käfig lebt, setzt sie das unter großen Stress. Daher ist ein Gehege während der Aufzucht unbedingt nötig – eine Box oder ein Käfig sind ungeeignet.

Zahme Kaninchenbabys (die Sozialisierung)

Studien zeigen, dass sich bereits der Kontakt in der ersten Lebenswoche sehr stark darauf auswirkt, ob die Kaninchen später zahm sind. Voraussetzung ist, dass er in unmittelbarer Nähe zum Säugen statt findet. Dabei muss entsprechend sensibel verfahren werden, um nicht die Aufzucht zu stören. Es reicht jedoch ein Kleidungsstück mit menschlichen Geruch, das neben das Nest gelegt wird. Ein Nachteil kann sein, dass sich das Muttertier dadurch gestört fühlt. Im Zweifelsfall sollte man die Tiere erst in der 4.-6. Lebenswoche zähmen, da besteht ebenfalls eine sensible Phase, in der sie viele positive Erlebnisse mit dem Menschen haben sollten.

Entwicklung in der Kinderstube

Die Kaninchenjungen sind in den ersten Tagen noch völlig hilflos, nackt und auf die Nestwärme angewiesen, ihre Musterung verrät allerdings schon die spätere Farbverteilung des Fells.  Erst am zweiten Tag sieht man die ersten Haarspitzen, mit etwa sechs Tagen sind sie dann flächig behaart. Die Jungtiere liegen auf einem Haufen zusammen gekuschelt im Nest, werden ein bis dreimal täglich gesäugt und sauber geleckt (meistens nachts). Dabei nimmt die Mutter auch die Ausscheidungen des Nachwuchses mit auf, um das Nest sauber zu halten.

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Um den zehnten bis elften Lebenstag herum öffnen sich ihre Augen, je nach Entwicklungsstand kann sich dieser Zeitpunkt auch verzögern. Kurz darauf, in ihrer zweiten Lebenswoche, werden sie etwas mobiler und krabbeln kurze Zeit aus dem Nest, laufen umher (gehoppelt wird noch nicht) und suchen recht schnell wieder das Nest auf. Die meiste Zeit schlafen sie noch zusammengekuschelt im Nest. Ihre Körpertemperatur können sie außerhalb des Nestes noch nicht über längere Zeit beibehalten, deshalb müssen sie problemlos zurück ins Nest laufen können. Wenn sie kurze Ausflüge machen, versuchen sie bei der Mutter oder bei den anderen Kaninchen zu trinken. Die Mutter wehrt diese Versuche jedoch meist ab (das ist ganz normal) indem sie weg hoppelt. Nun kann man verstärkt beobachten, dass sie sich viel kratzen. Diese “Katzphase” dient dazu, den Gleichgewichtssinn zu schulen und die spätere Koordination des Körpers zu üben.
Schon in der zweiten Lebenswoche beginnen die Babys am Futter zu knabbern, das auch die Großen fressen. Erst einmal nehmen sie alles in den Mund (“orale Phase”) und nuckeln darauf herum. Später wird das Futter dann auch richtig gefressen. Trotzdem sind sie noch auf die Nestwärme angewiesen und werden weiter gesäugt. Knabbern dürfen sie Wiesenpflanzen wie z.B. Gräser und Löwenzahn, Zweige und deren Blätter, Laub, Gemüse, Obst, Trockenkräuter und Heu. Trockenfutter aller Art ist weder für die Mutter, noch für die Babys als Futter geeignet. Das junge Kaninchen kein Frischfutter vertragen, ist ein Mythos, sie dürfen von Anfang an Frischfutter fressen. Getreide und andere stark stärkehaltige Nahrung vertragen sie jedoch erst sehr viel später.

Ab der vierten Lebenswoche fressen die Babys solch große Mengen, dass sie damit überleben könnten. Trotzdem ist die Ergänzung durch Muttermilch entscheidend für die weitere Entwicklung und Gesundheit der Babys.
Die Jungkaninchen tollen herum, spielen miteinander und erkunden ihre Umgebung. Nun ist es wichtig, der Mutter Rückzugsbereiche einzuräumen (z.B. mittels eines Brettes, das die Jungtiere nicht überwinden können oder erhöhten Sitz-Plätzen) damit sie sich von den Jungen erholen kann. Mit sechs bis acht Wochen wird der Nachwuchs langsam abgestillt, dann fressen sie selbständig und nehmen nur noch gelegentlich ergänzend Muttermilch zu sich. In dieser Phase kuscheln sie meistens oft und gerne mit den Alttieren und der Mutter.
Entwicklung der Babys mit Fotos

Fotos zur Entwicklung von Kaninchenbabys nach Zeit

Wichtig: Geben Sie die Babykaninchen nicht zu früh von der Mutter ab (niemals vor der 12. Lebenswoche, besser noch mit 14-16 Wochen) – und zwar aus folgenden Gründen:

Sozialverhalten wird geübt
  • Beobachtungen zeigen ganz klar, dass Kaninchen sehr viel länger als bis zur 6. oder 8. Lebenswoche bei ihrer Mutter Milch trinken. Weil dies meist nur nachts passiert, fällt es den meisten Züchtern gar nicht auf. Kaninchenbabys benötigen die Muttermilch um ein gesundes Immunsystem aufzubauen, werden sie abrupt abgestillt, wird dieser Vorgang meist gestört.
  • Die ersten vier Monate ist die prägendste Sozialisierungsphase für Kaninchen. In diesem Alter lernen sie im Gruppenverband mit den Alttieren und Geschwistern Sozialverhalten. Dafür ist eine harmonische, stabile Gruppe mit Alttieren unterschiedlichen Geschlechts nötig. Tiere, die in dieser Phase alleine oder nur mit einem anderen Kaninchen gehalten werden, haben später ein schlechteres Sozialverhalten und sind nicht so gut verträglich.
  • Die Babys untereinander spielen und kuscheln in den ersten Wochen sehr intensiv, der Kontakt mit einem Alttier kann die Babyspiele niemals ersetzen. Ähnlich wie wenn ein Menschenkind ohne Kontakt zu Gleichaltrigen aufwächst.
  • In dieser Phase wird die Darmflora und das Immunsystem gebildet. Die Umzüge zum neuen Halter (oder auch in eine Zoohandlung), eine Futterumstellung und Vergesellschaftungen bringen das Kaninchen mit neuen Keimen in Kontakt und belasten und stressen es unnötig stark, so dass manche Tiere in Folge lebenslang an einer Immunschwäche leiden.
  • Die Babys nehmen den Blinddarmkot der Mutter auf, um die Darmflora optimal aufzubauen. Dies ist nur möglich, wenn sie bis zur 16. Woche bei ihrer Mutter bleiben dürfen.

Erklären Sie den neuen Haltern, dass es auch in ihrem Interesse ist, die Babys nicht zu früh aufzunehmen, denn auch sie möchten gesunde, glückliche und soziale Jungtiere. Man nimmt ihnen die Mutterliebe, die Geschwister, reißt sie aus ihrem gewohnten Umfeld, ihrer Familie… Man verhindert, dass sie gutes Sozialverhalten erlernen, die Verdauung richtig stabil wird und sie glücklich und gesund aufwachsen.

Mit Eintritt der 12. Lebenswoche werden die ersten Kaninchen geschlechtreif, daher müssen sie nun nach Geschlechtern getrennt werden. Idealerweise werden sie etwa in der 11. Lebenswoche frühkastriert, so dass sie weiter in der Gruppe bleiben können (bei einer Kastration ab der 12. Lebenswoche bzw. ab Geschlechtsreife sind sie noch bis zu sechs Wochen nach der Kastration zeugungsfähig).

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Bedenke:

Leider werden immer noch viel zu viele Kaninchen in schlechte Haltung gegeben, an Schlangen oder andere Tiere verfüttert und gequält. Schauen Sie genau, wo die Babys später leben werden. Machen Sie eine Vor- und Nachkontrolle, unterhalten Sie sich mit den Interessenten und geben Sie die Tiere nur mit Schutzvertrag ab. Achten Sie auf eine gesunde Fütterung und artgerechte Haltung (keine Käfig- oder Stallhaltung).

kaninchen-vermittlung

Quellen u.a.

Baumann, P. (2003): The effect of nest access on the behaviour of rabbit does and on the survival of their pups.